Wo stehen wir in Indonesien aus Sicht eines deutschen Unternehmers?

1. Was ist die größte Herausforderung für einen deutschen Unternehmer in Indonesien?

Erhebliche Defizite bestehen in Indonesien im Bereich Infrastruktur, insbesondere hinsichtlich Elektrizitätserzeugung und Verkehr (Straßen, Schienen, See- und Flughäfen). Dies kann je nach Lage insbesondere für Produktionsstätten zu Herausforderungen führen. Zudem erscheint das indonesische Rechtssystem deutschen Unternehmern häufig intransparent und wenig übersichtlich, da es von verschiedenen Rechtsordnungen beeinflusst ist. So bestehen Gewohnheits- und regionales Stammesrecht (Adat), religiöses Recht, koloniales niederländisches Recht sowie aktuelle parlamentarische Gesetze in einigen Regionen des über 17.000 Inseln umfassenden Archipels nebeneinander.
 
Einschränkungen für Auslandsinvestitionen ergeben sich für einige Sektoren durch die sogenannte Negativliste, die zum Schutz des nationalen Interesses und der heimischen Wirtschaft bestimmte Geschäftsbereiche für Ausländer beschränkt. Die letzte Novelle trat im April 2014 in Kraft. Hierbei kam es u.a. zu Verschärfungen der Beteiligungsbeschränkungen im Bereich Großhandel und Lagerhaltung, wo für neue Auslandsinvestitionen nunmehr nur noch eine Beteiligung bis 33% erlaubt ist. Viele Auslandsinvestoren beklagen zudem die lange Dauer der Verwaltungsverfahren, um die für das operative Geschäft einer neugegründeten Gesellschaft erforderlichen Lizenzen zu erlangen. 
 

2. Welche Erfahrungen machen deutsche Unternehmen momentan in Indonesien?

Obwohl die indonesische Regierung sich zur Schaffung eines Binnenmarktes der südostasiatischen Staatengemeinschaft (ASEAN Economic Community) bis Ende 2015 bekennt, hat Indonesien in den letzten Jahren seine Importbarrieren und nichttarifären Handelshemmnisse in zahlreichen Bereichen ausgeweitet. Verordnungen des Handelsministeriums beinhalten beispielsweise verschärfte Importregeln und Zertifizierungsbestimmungen für zahlreiche Produktgruppen wie Elektronik, Schuhe, Getränke, Textilien, Spielwaren und Nahrungsmittel. Ein diese Probleme regelndes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indonesien wird diskutiert; derzeit ist jedoch offen, wann entsprechende Verhandlungen aufgenommen werden. 
 

3. Wie ist die aktuelle politische Situation einzuschätzen?

Nach zwei Amtszeiten konnte der amtierende Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono bei den Präsidentschaftswahlen 2014 nicht mehr kandidieren. Unter Yudhoyono erschien Indonesien sowohl demokratisch als auch wirtschaftlich relativ stabil und konnte sich mithin als Investitionsstandort positiv entwickeln. Es zeichen sich jedoch positive Tendenzen ab, dass Amtsnachfolger Joko Widodo nach einem aber nationalistisch geführten Wahlkampf diese Stabilität erhalten und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mittelfristig liberalisieren wird. 
 

4. Wie würden Sie das Investitionsklima beschreiben?

Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Indonesiens der letzten Dekade, die auch durch kontinuierlich verbesserte Bewertungen von Ratingagenturen reflektiert wird, rückt Indonesien wieder stärker in den Blickpunkt ausländischer Investoren. Das rohstoffreiche Land verfügt über einen großen Binnenmarkt und wachsenden Technologiebedarf. Wichtige Zielsektoren für mittelständische ausländische Direktinvestitionen in Indonesien finden sich neben dem Bereich Infrastruktur insbesondere in den Branchen Maschinenbau, Metall und Elektro. 
 

5. Welche Tipps würden Sie deutschen Unternehmern mit auf den Weg geben?

Indonesien bietet sehr unterschiedliche Standortbedingungen; neben dem vergleichsweise stark industrialisierten Java mit der Hauptstadt Jakarta gibt es Regionen mit einem sehr geringen Entwicklungsstand wie Papua. Die Marktbearbeitung erfordert eine entsprechend differenzierte Vorgehensweise und detaillierte Vorbereitung. 
 
Zudem sollten gerichtliche Streitverfahren in Indonesien angesichts intransparenter Verfahrensvorschriften, langer Dauer sowie hoher Kosten nach Möglichkeit vermieden werden. Auch die Wahl eines deutschen Gerichtsstandes ist mangels Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens nicht empfehlenswert. Insofern wäre eher die Vereinbarung von Schiedsklauseln wie des Singapore International Arbitration Centre (SIAC) zu erwägen. Grundsätzlich sollte jedoch immer einer gütlichen Einigung der Vorzug gegeben werden, da Geschäftsbeziehungen zu indonesischen Partnern durch Schiedsverhandlungen erheblich beeinträchtigt werden können. 
 
zuletzt aktualisiert am 03.12.2014
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