Erfolgreich investieren in Kroatien

​​zuletzt aktualisiert am 17​. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


 

 

 

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Kroatien ein?

Nach einer Steigerung auf 3,8 Prozent im Jahr 2024 könnte das reale BIP-Wachstum Kroatiens in den Jahren 2025 und 2026 im Durchschnitt auf etwa 3,0 Prozent zurückgehen. Die Staatsausgaben dürften steigen, vor allem aufgrund einer umfassenden Reform der Gehälter im öffentlichen Sektor, die die Löhne über Institutionen und Sektoren hinweg weitgehend harmonisiert, aber auch zu einem einmaligen starken Anstieg der Löhne führt.

Die Investitionslage sollte stabil bleiben, gestützt durch eine weitere Steigerung der Ausgaben aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF), wobei mit einer stärkeren Inanspruchnahme der Mittel aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 – 2027 gegen Ende des Prognosezeitraums gerechnet wird. Die Warenausfuhren sollten sich erholen, trotz eines relativ schwachen Nachfragewachstums in den wichtigsten Handelspartnerländern Kroatiens.

Dienstleistungen – hauptsächlich im Tourismussektor – werden jedoch real voraussichtlich zurückgehen, insbesondere aufgrund anhaltend starker Preissteigerungen für touristische Dienstleistungen. Insgesamt wird erwartet, dass der Beitrag der Nettoexporte zum Wachstum negativ wird – vor dem Hintergrund einer stark wachsenden Binnennachfrage. Der private Konsum wurde durch erhebliche reale Lohnzuwächse in einem angespannten Arbeitsmarktumfeld gestützt. Der Rückgang der Warenausfuhren wurde mehr als ausgeglichen durch einen Anstieg der Dienstleistungsexporte und geringere Einfuhren.

Der Arbeitsmarkt dürfte angespannt bleiben, mit weiterem Beschäftigungswachstum und einer Arbeitslosenquote auf neuem Tiefstand. Die Inflation wird im Prognosezeitraum weiter allmählich zurückgehen.

Gleichzeitig sollten eine verstärkte Inanspruchnahme von EU-Mitteln und eine Lockerung der Finanzierungsbedingungen zu einer moderaten Verbesserung der Investitionstätigkeit führen. Die Warenausfuhren werden sich voraussichtlich weiter verstärken, da die Nachfrage aus den wichtigsten Handelspartnerländern zunimmt. Jedoch könnten Engpässe in der Hochsaison des Tourismus und mögliche Verluste in Bezug auf Preiswettbewerbsfähigkeit das Wachstum der Dienstleistungsexporte leicht bremsen. Da die Einfuhren mit der Binnennachfrage nachlassen, dürfte der Beitrag des Außenhandels zum Wachstum leicht positiv ausfallen.
 

Wie würden Sie das Investitionsklima in Kroatien beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Republik Kroatien verfügt über ein großes Investitionspotenzial. Zu den bedeutenden Sektoren zählen insbesondere die Automobilindustrie, der Informations- und Kommunikationstechnologiesektor (IKT), die pharmazeutische Industrie, die Lebensmittelindustrie, die Metallindustrie, der Energiesektor, die Landwirtschaft und der Tourismus.

Sozialausgaben und öffentliche Investitionen führen zu einem wachsenden Haushaltsdefizit. Nach einem moderaten Defizit im Jahr 2024 wird für das Jahr 2025 mit einer weiteren Verschlechterung der öffentlichen Finanzen gerechnet. Das ist in erster Linie auf einen Anstieg öffentlicher Investitionen, erweiterte Sozialausgaben sowie die Umsetzung einer umfassenden Gehaltsreform im öffentlichen Dienst zurückzuführen.

Zu den weiteren Faktoren, die ausländische Investoren anziehen, zählen die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, ein gut entwickelter Finanzdienstleistungssektor und eine qualitativ hochwertige Telekommunikationsinfrastruktur. Darüber hinaus bietet Kroatien attraktive steuerliche Anreize an, unterhält Doppelbesteuerungsabkommen mit zahlreichen Ländern und ist Teil des einheitlichen Zollgebiets der EU. Die wichtigsten Exportgüter Kroatiens sind weiterhin Mineralöle, Öle und Destillationsprodukte, des Weiteren elektrische und elektronische Ausrüstungen sowie Maschinen, Kernreaktoren und Kessel.

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Kroatien gegenüber?

Zu den Herausforderungen zählt ein Justizsystem, das unter erheblichen Rückständen bei der Fallbearbeitung leidet und über unzureichende Fachkompetenz im Wirtschaftsrecht verfügt, sowie eine übermäßig komplexe und teilweise intransparente Bürokratie, vergleichsweise hohen Betriebskosten sowie reale und wahrgenommene Korruptionsproblemen hat.

Mehr als die Hälfte des Außenhandels Kroatiens wird mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgewickelt. Zu den wichtigsten Handelspartnern Kroatiens zählen Italien, Deutschland, Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Ungarn und Österreich.

Zentrale wirtschaftliche Herausforderungen Kroatiens umfassen eine niedrige Beschäftigungs- und Erwerbsquote, ein kompliziertes und belastendes Geschäftsumfeld, geringe Effizienz und starke Zersplitterung der öffentlichen Verwaltung und Justiz, ein ineffizientes und fragmentiertes System der sozialen Sicherung sowie eine unzureichende Qualität des Bildungswesens. 
 
Laut einer Umfrage der AHK aus dem Jahr 2024 würden fast 90 Prozent der Mitglieder der Deutsch-Kroatischen Industrie- und Handelskammer erneut in Kroatien investieren (an der Umfrage nahmen 118 Unternehmen teil). Risiken für diese positive Einschätzung bestehen unter anderem in über den Erwartungen liegenden Lohnerhöhungen sowie möglichen Angebotsengpässen im Tourismussektor, die den Preisdruck verstärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure beeinträchtigen könnten. Darüber hinaus könnten potenzielle Lieferengpässe im Bauwesen die Inanspruchnahme von EU-Mitteln verzögern.

Welchen Einfluss hat der Krieg in der Ukraine auf Kroatiens Wirtschaft und das Investitionsklima?

Kroatien beteiligt sich weiterhin aktiv an der wirtschaftlichen, finanziellen, humanitären und politischen Unterstützung der Ukraine. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wurden am 18. Februar 1992 aufgenommen. Zu den am stärksten von den gestiegenen Rohölpreisen betroffenen Branchen zählen der Transportsektor, die Versorgungswirtschaft, die Landwirtschaft, die Kunststoff- und Chemie-/Düngemittelindustrie sowie die Metallverarbeitung. Auch das Angebot und die Preise globaler Nahrungsmittelrohstoffe wurden durch den Krieg direkt beeinflusst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine – v.a. die gestiegenen Energiepreise – negative Folgen für die kroatische Tourismusbranche haben.

Gibt es lokale Unterschiede bei der Umsetzung der geltenden Gesetze? Wenn ja, wie wirkt sich dies auf Unternehmen aus?

Obwohl die geltenden Gesetze und Vorschriften in der gesamten Republik Kroatien einheitlich sind, gibt es Fälle, in denen deren Umsetzung und Auslegung je nach Standort und Region unterschiedlich erfolgen.

Aus diesem Grund sollten die lokalen Gegebenheiten im Vorfeld – sofern möglich – sorgfältig geprüft werden, um unerwartete Situationen zu vermeiden. Wenn Unterschiede bestehen, äußern sich diese in der Regel darin, dass die zuständigen Behörden unterschiedliche Anforderungen an die Unternehmensgründung stellen, obwohl diese Anforderungen gesetzlich oder in den Durchführungsverordnungen festgelegt sind. Insofern wird empfohlen, sich im Vorfeld von erfahrenen lokalen Experten in Bereichen Recht und Steuern beraten zu lassen.

Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass sich die Unterschiede in der Umsetzung geltenden Gesetzgebung zunehmend verringern – was eine positive Entwicklung für potenzielle Investoren darstellt. Ein wesentlicher Beitrag dazu sind die Digitalisierung und die Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltungen sowie die Verbesserung der digitalen Konnektivität und Infrastruktur in ländlicheren Gebieten.

Wie wird sich Kroatien aus Ihrer Sicht weiterentwickeln?

Der Zugang zu EU-Mitteln, insbesondere zur sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF), sowie die Umsetzung des Nationalen Aufbau- und Resilienzplans (NRRP), im Rahmen dessen Kroatien in den kommenden vier Jahren auf zweistellige Milliardenbeträge in Form von Zuschüssen und zinsgünstigen Darlehen zugreifen kann, bieten eine hervorragende Investitionsmöglichkeit für den privaten Sektor.

Laut globalen makroökonomischen Modellen und Prognosen von Trading Economics wird das BIP Kroatiens bis Ende 2025 voraussichtlich 87,18 Milliarden US-Dollar erreichen. Langfristig wird erwartet, dass das kroatische BIP im Jahr 2026 rund 89,62 Milliarden US-Dollar und im Jahr 2027 etwa 92,31 Milliarden US-Dollar betragen wird.

Der Arbeitsmarkt Kroatiens bleibt weiterhin stabil. Für das Jahr 2025 wird ein anhaltendes, wenn auch moderates Beschäftigungswachstum erwartet, wobei die Arbeitslosenquote unter 5 Prozent sinken und das Lohnwachstum sich verlangsamen dürfte. Nach einem Anstieg der Beschäftigtenzahl um 3,3 Prozent im Jahr 2024 setzte sich das Beschäftigungswachstum zu Beginn des Jahres 2025 relativ stark fort.

Für das Jahr 2025 wird ein Beschäftigungsanstieg von 2,5 Prozent erwartet, der sich im Jahr 2026 voraussichtlich auf 1,8 Prozent verlangsamt. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte im Prognosezeitraum weiter zurückgehen, wenn auch weniger stark als der Anstieg der Beschäftigtenzahl, da die Arbeitslosigkeit historisch niedrig ist und die Arbeitslosenquote unter dem langfristigen Durchschnitt liegt.​

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Radu-Dragos Dobrescu

Diplom-Kaufmann, MBA, Auditor, Tax Consultant, CPA (Rumänien)

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