5 Praxistipps zur Vermeidung kartellrechtlicher Fallstricke

zuletzt aktualisiert am 21. Dezember 2021
von Alexander Saueracker

 

1. Das Kartellrecht möglichst frühzeitig auf der Agenda haben

Ob im Vertriebskartellrecht oder bei Unternehmenstransaktionen – häufig wird gerade im Mittelstand nicht daran gedacht, dass möglicherweise kartellrechtliche Vorschriften zu beachten sind. Wer das Kartellrecht hier frühzeitig auf der Agenda hat, spart Zeit und Geld. So gilt es im Vertriebskartellrecht, rechtzeitig die Weichen zu stellen, zwischen Eigen- und Fremdvertrieb, Exklusivvertrieb oder selektivem Vertrieb. Bei Unternehmenstransaktionen sollte nicht erst kurz vor Signing mit den Überlegungen begonnen werden, ob und ggf. in welchen Ländern eine Anmeldepflicht gegenüber den Kartellbehörden besteht, da die Aufbereitung der Unterlagen und Zahlen doch nicht unerheblich Zeit braucht. Eine perfekte Kartellanmeldung ist am Unterzeichnungstag bereits einreichungsfähig.
 

2. Vorsicht bei den „heiligen Kühen” des Kartellrechts

Lieferverträge, Vertriebsverträge, Kooperationsverträge, etc; fast jeder Vertrag enthält Regelungen zu Exklusivitäten (Exklusivgebiete, Exklusivbelieferung usw.), Wettbewerbsverboten, Preisgestaltung und Kundenschutzklauseln – aus unternehmerischer Sicht sind das wichtige und sinnvolle Regelungen, aus Sicht des Kartellrechts und des Wettbewerbs hingegen oftmals klassische Formen unzulässiger Wettbewerbsbeschränkung. Preisabsprachen, Gebietsabsprachen, Kundenabsprachen sind die „heiligen Kühe” des Kartellrechts. Entsprechende Klauseln bedürfen vorhergehender fachkundiger Beratung und Gestaltung.
 

3. Sich der eigenen Rolle bewusst sein – Marktanteile sind das A und O

Gerade als auf den Mittelstand spezialisierter Berater ist man gelegentlich positiv überrascht, wenn man von seinen Mandanten hört, sie seien Weltmarktführer in ihrem speziellen Bereich. So erfreulich das von einem unternehmerischen Standpunkt her ist, umso kritischer ist dies aus kartellrechtlicher Sicht. Zentraler Gradmesser des Kartellrechts für die Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb sind dessen Marktanteile. Ist ein Unternehmen mit 2% Marktanteil nahezu unbehelligt von kartellrechtlichen Regelungen, gilt ein Unternehmen mit einem Marktanteil von 40% bereits als marktbeherrschend und unterliegt den besonderen Regelungen der Missbrauchsaufsicht.
 

4. Prävention ist Alles – Kartellrechtliche Compliance

Angesichts der in den letzten Jahren stetig erhöhten Kontrolldichte der Kartellbehörden und der zudem gestiegenen Selbstverantwortung der Unternehmen ist ein präventiver Ansatz nunmehr unabdingbar. Konnte man früher entsprechende Vereinbarungen vom Bundeskartellamt prüfen und ggf. genehmigen lassen, legt der Gesetzgeber die Verantwortung nun allein in die Hände der Unternehmen, die oftmals mit den kartellrechtlichen Feinheiten überfordert sind. So sollten aktuelle Verträge sorgfältig vor dem Hintergrund kartellrechtlicher Risiken geprüft werden. Bestehende Verträge sind periodisch auf ihre Vereinbarkeit mit aktuellen kartellrechtlichen Regelungen zu überprüfen. Wichtig: Vor allem sind bestehende Prozesse kritisch zu hinterfragen – gibt es möglicherweise versteckte Absprachen mit Wettbewerbern? Meist basieren solche Absprachen nicht auf Unrechtsbewusstsein, etwa bei Marktinformationssystemen oder entsprechenden Kooperationen; oder bei Branchentreffen oder Arbeitskreisen kommt es zum klassischen Frühstückskartell. In jedem Fall setzt kartellrechtliche Compliance eine dezidierte Prüfung von Vertragswerken und Prozessen voraus.
 

5. Was tun bei Kartellverstoß?

Identifiziert man einen Kartellverstoß sollte spätestens ein externer Spezialist herangezogen werden, um die weitere Strategie zu planen. Neben dem Ziel, den Kartellverstoß möglichst schnell und effektiv zu beseitigen, sollte angesichts des Damoklesschwerts von Bußgeldern in nicht unerheblicher Höhe sorgfältig erwogen werden, den Vorfall möglicherweise selbst den zuständigen Kartellbehörden zu melden. So gibt es weitreichende „Kronzeugen”-Regelungen, wonach derjenige an kartellrechtswidrigen Absprachen Beteiligte, der als erstes zur Selbstanzeige greift, völlig frei von Bußgeldern bleibt bzw. eine Reduzierung des Bußgelds in Betracht kommt. Dies sollte allerdings auch nicht vorschnell erfolgen, da das Risiko privater Schadensersatzklagen bestehen bleibt. Sorgfältige Abwägung ist hier also angezeigt.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu