Österreich aktuell

5 Fragen, 5 Antworten. Wolfgang Quirchmayr, CPA, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Niederlassungsleiter in Wien bei Rödl & Partner, gibt eine Einschätzung zur aktuellen Lage für deutsche Unternehmen in Österreich.
 

1. Wie ist die derzeitige Konjunkturlage einzuschätzen?

Die österreichische Konjunktur nimmt langsam, aber beständig Fahrt auf; seit dem 3. Quartal 2013 ist ein leichter Aufwärtstrend erkennbar. Auch für das kommende 2. Quartal 2014 zeichnet sich ein positiver Trend ab. V.a. österreichische Exporteure profitieren von der Erholung der internationalen Wirtschaft. Es scheint, als wäre eine ca. 2-jährige Schwächephase überwunden. In erster Linie sind es dabei die mittel- und osteuropäischen Länder, die zum Exportwachstum beitragen.
 
Wir hoffen, dass die Konjunkturerholung auch zu einer Erholung der Investitionstätigkeit führt und der seit 2 Jahren stagnierenden Industriekonjunktur neue Impulse verleiht. Der Teilindex „Auftragseingänge” des Bank Austria Einkaufsmanagerindex hat sich seit seinem Höchststand von Anfang des Jahres zwar etwas zurückentwickelt, liegt aber immer noch über der Expansionsschwelle von 50 Punkten. 
 
Die Unternehmen haben in der letzten Zeit ihre Lagerbestände abgebaut. Im Zuge der anziehenden Nachfrage ist daher für die nächste Zeit mit einem Lageraufbau zu rechnen, der die Produktion stützt. Der Wohnbau entwickelte sich währenddessen relativ günstig. So deuten die kräftig steigenden Baubewilligungen auf eine Fortsetzung dieses Trends hin. Der ungewöhnlich milde Winter begünstigte im 1. Quartal ebenfalls die Bautätigkeit.
 
Was unsere Klienten betrifft, können wir allerdings noch kein nennenswertes Wachstum feststellen. Es bleibt abzuwarten, ob die allgemeine Konjunkturerholung auch auf die kleineren und mittleren Betriebe abfärbt.
 

2. Wie würden Sie das Investitionsklima beschreiben?

Wir wissen, dass wir den Standort Österreich stärken müssen. Das Wirtschaftsministerium unterstützt daher Österreichs Unternehmen bei der Erforschung, Finanzierung und Umsetzung neuer Ideen, Produkte und Dienstleistungen – immer im Spagat zwischen sparen und ausgeben. Der Erfolg unserer Wirtschaft ist abhängig von neuen Ideen und die sollten vorangetrieben werden. V.a. in Wien ist eine große Start-up Community entstanden bzw. im Entstehen. Sie ist zwar nicht zu vergleichen mit dem Silicon Valley in den USA, doch auf Europaebene gesehen tut sich in Wien doch einiges. Mit seiner hohen Lebensqualität zieht Wien zudem viele junge Talente ins Land, auch wenn dieser Soft Fact natürlich nicht spielentscheidend ist. Mit der neuen Wirtschaftsuniversität Wien ist eine Top-Adresse für junge Studierende entstanden. Die Bindung von Fachkräften findet hier also schon sehr früh statt. 
 
Nichtsdestotrotz ist der Aufwand für die Erfüllung regulatorischer Auflagen immer noch groß und die Komplexität von Regeln fordern Behörden und Unternehmen gleichermaßen. Hinzu kommt eine hohe Abgabenquote, verbunden mit unüberschaubaren Steuerregelungen. Dies hemmt die Investitionstätigkeit v.a. ausländischer Unternehmen. Das Abgabenänderungsgesetz 2014 belastet viele Unternehmen zusätzlich und reduziert bisherige Standortvorteile.
 
Dennoch verzeichnen wir in den letzten Monaten und Wochen eine hohe Anzahl an Neugründungen, insbesondere deutsche Gesellschaften aus unterschiedlichen Branchen gründen vermehrt österreichische Tochtergesellschaften. Dies deutet zweifellos auf eine positive Einschätzung des österreichischen Marktes hin. Zudem hat v.a. Wien den Standortvorteil, als Drehscheibe zum osteuropäischen Markt fungieren zu können.
 

3. Welche Erfahrungen machen deutsche Unternehmen momentan in Österreich?

Wie bereits vorher angesprochen, verzeichnen wir verstärkt Aktivitäten bei Firmenneugründungen und das aus den unterschiedlichsten Branchen, wie Transport, Food, Textil oder IT. Wie sich diese entwickeln werden bleibt abzuwarten, da die Geschäftstätigkeiten noch nicht im vollen Gange sind. Dennoch blicken die Unternehmen voller Erwartung positiv in die Zukunft und sprechen dem österreichischen Markt trotz der relativ geringen Größe sehr viel Potenzial zu. Beachtlich insbesondere, wenn man bedenkt, dass Österreich mit knapp 8,0 Mio. Einwohnern weniger Einwohner hat als unsere Nachbarn aus Bayern mit ca. 12,5 Mio. Bewohnern.
 
Außergewöhnliche Erfahrungen deutscher Unternehmen in Österreich sind mir bis dato nicht bekannt. Selbstverständlich gibt es Unterschiede, doch die sind eher von untergeordneter Bedeutung und spielen für uns und – ich bin mir auch sicher – für unsere Klienten keine Rolle. Bisher hatten wir keine Fälle, in denen wir vor unüberbrückbaren Hürden standen. Aufgrund der gemeinsamen Sprache sowie der geographischen Nähe sind doch viele Abläufe ähnlich – auch im Steuerrecht, in dem wir uns hauptsächlich bewegen. Es stimmt systematisch in großen Teilen mit dem deutschen überein, sodass auch hier keine großen Überraschungen lauern. Unsere Erfahrung zeigt allerdings auch, dass insbesondere bei Neugründungen möglichst frühzeitig mit den Vorbereitungen begonnen werden soll, damit von Beginn an ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden kann.
 

4. Was sind die großen Herausforderungen für einen deutschen Unternehmer in Österreich; was macht den österreichischen Markt so speziell?

Meinen vorherigen Ausführungen zur Folge, gibt es für deutsche Unternehmen prinzipiell keine großen Herausforderungen, da Sprache, Kultur, Verwaltungsapparat etc. eben sehr ähnlich sind. Sichere und stabile wirtschaftliche Bedingungen in Österreich machen ein Engagement für Unternehmen angenehm und Aktivitäten planbar.
 

5. Welche Tipps würden Sie deutschen Unternehmern mit auf den Weg geben?

Der wichtigste Tipp, den ich aus meiner Erfahrung geben kann ist, sich rechtzeitig professionellen Rat einzuholen.
  
Bei Neugründungen „auf eigene Faust”, also ohne professionelle Beratung, ergeben sich im Gründungsprozess oft Schwierigkeiten, die nur  mit erfahrenen Beratern gelöst werden können. Selbstverständlich ist es auch dann noch möglich zu „reparieren”, doch das Nacharbeiten ist immer aufwändiger als eine von vornherein solide geplante Gründung.
 
Wichtig für Unternehmen, sowie auch für uns, ist es auch, immer klar zu kommunizieren: „Was brauche ich?” und „Was will ich?” sind dabei die entscheidenden Fragen. Andernfalls können Missverständnisse entstehen, die wiederum das bereits angesprochene aufwändige Nacharbeiten zur Folge haben.
 
 zuletzt aktualisiert am 28.05.2014

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